Abreiten

Die Aufwärmphase des Reitens. Beim Abreiten wird im Schritt, Trab und Galopp das Pferd vor der Arbeit am langen Zügel geritten, um das Pferd und seinen Organismus auf die Arbeit vorzubereiten. Auch das Reiten vor dem Turnier auf dem Abreitplatz wird so genannt. Als Abreiten bezeichnet man auch das Trockenreiten nach der Arbeit. Dabei wird ebenfalls am langen Zügel im Schritt geritten, um das Pferd zu entspannen und das Fell zu trocknen.

Im Pferdesport wird das Abreiten als Aufwärmen des Pferdes bezeichnet. Alle Pferde müssen vor der eigentlichen Arbeit aufgewärmt und nach der Arbeit abgekühlt werden, auch Voltigier-, Fahr- und Arbeitspferde. Diese Phase wird auch als "Lockerungsphase" bezeichnet, da sie dazu dient, Verspannungen und Steifheit zu lösen, indem sie die Durchblutung des Muskel- und Bandapparats erhöht und ihn dadurch lockert und die Muskeln aufwärmt.

Die erste Phase des Aufwärmens ist eine 10-20-minütige Schrittphase, in der nicht nur die Muskulatur aufgewärmt wird, sondern auch vermehrt Gelenkschmiere gebildet wird. Die Gelenkflüssigkeit vermindert die Reibung im Gelenk und beugt so Knorpelschäden und Arthrose vor. Bei Turnieren muss neben dem eigentlichen Turnierplatz immer auch ein Abreiteplatz für die jeweiligen Disziplinen zur Verfügung stehen.

Nach der Arbeit muss jedes Pferd wieder abgekühlt werden.

Zielsetzung

Vorrangiges Ziel des Abreitens ist die Gesunderhaltung des Pferdes, insbesondere soll es zur physischen und psychischen Entspannung von Pferd und Reiter, d.h. zur Losgelassenheit führen. Von Anfang an ist auf taktvolles Reiten und sorgfältige Vorwärtsbewegung, d.h. Schwung im Trab und Galopp, zu achten. Der Pferderücken wird zum Schwingen gebracht und das Pferd ist bereit, sich vorwärts-abwärts zu strecken, "seinen Rücken zu geben". Häufiges Schnauben ist für Seunig die "Katharsis im Horsemanship" und signalisiert die Losgelassenheit des Pferdes, also das "Lösen mehr oder weniger vorhandener körperlicher oder seelischer Spannungen" und wird durch Lob belohnt. Im Verlauf der Lösungsphase sollte das Pferd auch den Kontaktpunkt erreichen können und je nach Ausbildungsstand am Ende der Lösungsphase zur Versammlung bereit sein. Damit sind alle Teilschritte der Ausbildungsskala betroffen.

Insgesamt führt das Abreiten zu einer Steigerung von "Leistungsbereitschaft, Leistungsfähigkeit" und "innerer Zufriedenheit des Pferdes"; dabei werden "nervöse Pferde ruhiger und triebige Pferde fleißiger". Beim Ausreiten vor Dressurprüfungen wird das Pferd an "die einzelnen Lektionen" der Prüfungsaufgabe erinnert.

Durchführung

Die Dauer und Struktur der Lösungsphase hängt von den individuellen Gegebenheiten ab. Sie beginnt mit einer mindestens 10-minütigen Gehphase am langen oder übergebenen Zügel und dauert insgesamt etwa 30 Minuten. Spätestens dann sollte die Losgelassenheit erreicht sein. Vor Dressurprüfungen empfehlen die Richtlinien, eine Stunde für das Anreiten einzuplanen: "Nach aller Erfahrung ist das Einreiten vor einer Prüfung selten zu lang, aber oft zu kurz." Auch vor Springprüfungen ist auf eine "ausreichend lange Schrittphase" zu achten. Unterschiede ergeben sich aus Eigenheiten der Pferde und Erfahrungswerten des Reiters: "Faule, träge Pferde brauchen eine kürzere, aber intensivere Belastung. Der Reiter sollte mehr vorwärts reiten und dadurch das Pferd 'aufwecken'. Wilde, leicht erregbare Pferde brauchen eine längere Einreitzeit." Nach dem Erreichen von Losgelassenheit und Durchlässigkeit werden dann "einige Probesprünge" eingebaut.

Lektionen der Lösungsphase

Gehen mit aufgegebenen oder langen Zügeln

Leichttraben auf großen geschwungenen Linien

Galopp im leichten Sitz auf großen geschwungenen Linien

Trab-Kanter-Trab-Übergänge

Schritt-Trab-Geh-Übergänge

Schenkelweichen, Vorhandwendung

Wechseln aus dem Zirkel

einfache Schlangenlinien und Schlangenlinien durch die ganze Halle (3-4 Bögen)

Schritte und Sprünge verlängern

am Ende der Lösungsphase Stangenarbeit (Bodentricks und kleine gymnastizierende Sprünge) im Trab und Galopp

zwischen den Übungen das Pferd immer wieder an den Zügeln kauen lassen

bei fortgeschrittenem Ausbildungsstand zusätzlich:

Verkleinern und Vergrößern des Vierecks

das Pferd auf der offenen Seite des Zirkels übertreten lassen

durch den Zirkel wechseln

Reiten einer Acht

Verkleinerung und Vergrößerung des Kreises

Lektionen der Lösungsphase vor Sprungversuchen

nach Erreichen der Losgelassenheit:

Übergänge innerhalb einer Gangart und zwischen den Gangarten

Reiten mit der Schulter in einer Linie

Halten

Rückwärtsrichten

kurze Wendungen

Fliegender Galoppwechsel

anschließend einige Probesprünge

Ausritte sind nicht sehr effektiv, wenn das Pferd "stumpf oder ermüdend" trainiert wird. Deshalb sollte beim Ausreiten - ob im Training oder vor Prüfungen - in jedem Fall auf Abwechslung und ausreichende Ruhepausen (Schritt) geachtet werden. Das Reiten am langen Zügel ist eine hervorragende Möglichkeit, das Pferd nach der Arbeit zu entspannen und zu belohnen.

Abkühlen

Um Gesundheitsschäden zu vermeiden, muss jedes Pferd nach der Arbeit trocken geführt, trocken geritten oder trocken gefahren werden. Man nennt dies "trockenes Reiten", "trockenes Fahren" oder "trockenes Führen", weil dabei der Schweiß verdunstet. Ein nassgeschwitztes Pferd ist anfällig für Erkältungen, weil das Fell nicht so schnell trocknet wie z.B. nasse Haut.

Das Trockenreiten nach der Arbeitsphase ist eine Erholungsphase und dient dazu, dem Pferd eine Verschnaufpause zu verschaffen. Herz- und Atemfrequenz normalisieren sich, für Entspannung und Zufriedenheit soll gesorgt werden. Es entspricht dem Cool Down des Menschen nach dem Sport. Das Pferd kommt nicht nur zur Ruhe, auch Verspannungen werden gelöst. Die ruhige Bewegung nach der Anstrengung verhindert auch den "Muskelkater".

Bei großer Hitze und großer Belastung, d.h. bei langen, schnellen Ritten mit oder ohne Hindernisse, wie z.B. bei Distanzritten, dem Geländeritt in der Vielseitigkeit oder der Jagd, aber auch bei Pferderennen, werden die Pferde anschließend oder in Zwangspausen mit Wasser gekühlt. Nach dem Abkühlen mit Wasser müssen die Pferde wieder abgetrocknet werden, bevor sie in den Stall, auf die Weide oder in den Transporter gebracht werden. Der Schweiß kann auch mit einem Schweißmesser abgesaugt werden, was das Pferd schneller trocknet.

Bei dickem Winterfell schwitzen die Pferde sehr schnell und das Trocknen dauert umso länger. Je nach Fell kann das über eine Stunde Trockenreiten bedeuten. Wenn die Pferde auch im Winter trainiert werden sollen, können sie im Winter eingedeckt werden. So frieren sie nicht so leicht und entwickeln ein weniger dichtes Winterfell. Außerdem können sie geschoren werden. Geschorene Pferde müssen, je nach Schur und Außentemperatur, beim Aufwärmen im Schritt eingedeckt werden, bis sie richtig warm sind. Ein geschorener Nierenbereich muss auch beim Abkühlen im Schritt mit einer Schweißdecke geschützt werden.

Nach der Arbeit und dem Abkühlen können die Pferde für eine Weile ins Solarium gebracht werden, um die letzte Restfeuchtigkeit aus dem Fell zu entfernen. Außerdem hat die Wärme eine entspannende Wirkung. Danach, wenn sie richtig trocken sind, können die Pferde wieder mit einer Stall- oder Weidedecke zugedeckt werden.

Polo

Beim Abreiten oder Stoßen im Polo darf ein gegnerischer Spieler mit seinem eigenen Körper oder Pferd von der Linie gestoßen werden.

 

Autor:
am